Die Große Klette: Heilpflanze mit erstaunlichem Potenzial – Von der Medizin bis zur Kosmetik

„Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“, sagte einst Johann Künzle, ein deutscher Arzt und Naturheilkundler, der sich Zeit seines Lebens den Heilkräutern widmete. Der Satz beschreibt treffend die weit verbreitete Unkenntnis über die Schätze, die im sogenannten Unkraut schlummern. Die Große Klette – wissenschaftlich Arctium lappa – ist ein solches Beispiel. Übersehen, bekämpft, ausgerissen, dabei birgt diese Pflanze ein enormes Potenzial als Nahrungsmittel, Heilmittel und kosmetischer Wirkstoff.

Die Große Klette: Eine Pflanze mit globaler Geschichte

Die Große Klette ist mehr als nur ein lästiges Gewächs, das sich mit seinen klebrigen Früchten an Kleidung und Fell haftet. In Japan gilt ihre Wurzel, bekannt als „Gobo“, als Delikatesse und wird in traditionellen Gerichten wie „Kinpira Gobo“ verarbeitet. In England wird sie seit über zwei Jahrhunderten für das erfrischende Getränk „Dandelion and Burdock“ verwendet. Auf der russischen Insel Sachalin spielt sie eine ähnliche Rolle wie die Kartoffel in Mitteleuropa, und in der traditionellen chinesischen Medizin wird sie seit der Ming-Dynastie als wirksames Heilmittel geschätzt.

Auch in Europa war die Große Klette einst ein geschätztes Gemüse. Im Mittelalter wurde ihre Wurzel ähnlich zubereitet wie heute Schwarzwurzeln. Doch mit der Industrialisierung und dem Siegeszug moderner Kulturpflanzen geriet sie in Vergessenheit.

Eine unterschätzte Heilpflanze

Die Große Klette gehört zur Familie der Distelgewächse und wächst bevorzugt in feuchten Gebieten Europas, Nordamerikas und Asiens. Mit einer Wuchshöhe von bis zu 1,30 Meter und ihren blassgrünen Blüten ist sie leicht zu erkennen. Doch hinter ihrer unscheinbaren Erscheinung verbirgt sich ein breites Spektrum an medizinischen Wirkstoffen.

Besonders die Wurzel der Klette ist ein wahres Multitalent. Frisch geerntet eignet sie sich für Abkochungen, Aufgüsse und als Basis für das bekannte Klettenwurzelöl, das durch das Einlegen der Wurzel in Oliven- oder Mandelöl gewonnen wird. Auch die Blätter und Samen der Pflanze haben ihren festen Platz in der Naturheilkunde.

Die medizinischen Wirkungen der Klette sind beeindruckend:

  • Harntreibend
  • Gallenflussfördernd (choleretisch)
  • Schweißtreibend
  • Desinfizierend
  • Anregend für den Stoffwechsel und die Bauchspeicheldrüse
  • Unterstützend bei der Insulinproduktion

Die frische Wurzel und ihre Zubereitungen helfen bei einer Vielzahl von Beschwerden, darunter Gicht, Rheuma, Nieren- und Gallensteine, Diabetes, Hautkrankheiten wie Akne oder Ekzeme, Gastritis, Magengeschwüre und sogar Hämorrhoiden.

Wissenschaftliche Erkenntnisse

Die Wirkung der Großen Klette wird vor allem auf ihre Inhaltsstoffe wie Flavonoide und Lignane zurückgeführt. Besonders das Lignan Arctigenin hat in jüngster Zeit Aufmerksamkeit erregt. Studien zeigen, dass es antioxidative, entzündungshemmende und sogar antikanzerogene Eigenschaften besitzt. Es wirkt antiviral, schützt die Leber und unterstützt das Immunsystem, indem es freie Radikale neutralisiert.

Ein besonderer Fokus der Forschung liegt auf der Rolle von Arctigenin bei chronischen Erkrankungen und Stoffwechselproblemen. So gibt es Hinweise, dass der Wirkstoff den Zelltod in Krebszellen fördern kann. Auch bei Diabetes, Hepatitis und Fettlebererkrankungen wurden positive Effekte beobachtet.

Ein weiteres spannendes Anwendungsgebiet ist die Behandlung von Leptinresistenz, einer häufigen Begleiterscheinung von Fettsucht. Leptin, ein Hormon, das den Fettabbau fördert, verliert bei dauerhaft erhöhtem Spiegel seine Wirksamkeit. Arctigenin scheint diesen Hormonspiegel normalisieren zu können und damit die Grundlage für eine bessere Stoffwechselregulation zu schaffen.

Die Klette in der Kosmetik

Nicht nur in der Medizin, auch in der Kosmetik findet die Große Klette Anklang. Extrakte aus der Wurzel blockieren Enzyme, die das Protein Elastin abbauen – ein Schlüsselfaktor für die Elastizität der Haut. Cremes mit Klettenwurzelbestandteilen können die Hautstruktur verbessern, Falten reduzieren und der Haut ein jugendlicheres Aussehen verleihen.

Fazit: Mehr als ein Unkraut

Die Große Klette ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie viel Potenzial in vermeintlichem „Unkraut“ steckt. Sie ist Nahrung, Heilmittel und Schönheitspflege in einem – ein Schatz, der noch immer darauf wartet, wiederentdeckt zu werden. Johann Künzle hätte es wohl nicht treffender formulieren können: Es ist an der Zeit, genauer hinzuschauen und das Wissen um die Kräfte der Natur neu zu schätzen.

Beitragsbild: pixabay.com – Ralphs_Fotos

Dieser Beitrag wurde am 23.01.2025 erstellt.

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert